NaziParolen am Schulzentrum!

Anmerkungen von Praktikanten der Konrad-AdenauerHauptschule (Stefan Hannebauer, Michael Wirtz) und dem Leiter des Schulverwaltungs- und Kulturamtes

Im 9. und 10. Schuljahr durchlaufen die Schüler/-innen der Konrad-AdenauerHauptschule regelmäßig ein Praktikum in den verschiedensten Berufszweigen. Wir hatten uns für ein Praktikum in der Gemeindeverwaltung Wenden entschieden. Im Rahmen die­ses Praktikums wurden wir auch im Schulverwaltungs- und Kulturamt eingesetzt. Eine Aufgabe bestand darin, Statistiken für die unterschiedlichsten Bereiche (Besucherzahlen des Schwimmbades, Schülerunfallzahlen, Versicherungsfälle usw.) zu erstellen. Dabei stießen wir auf eine Strafanzeige der Gemeinde Wenden wegen Sach­beschädigung gegen „Unbekannt“. Im November 1996 hatten sich Randalierer auf dem Schulgelände des Konrad-Adenauerschulzentrums aufgehalten. Türen, Glasscheiben und Pfeiler waren mit Nazi-Parolen beschmiert.

Wir haben uns die Frage gestellt, was die Leute bewegt, die solche Parolen verbreiten. Identifizieren sich diese Leute mit dem Gedankengut des Nationalsozialismus und wissen diese Leute überhaupt, was in der damali­gen Zeit vor sich ging? War der Schulbesuch in der Zeit von 1933 bis 1945 schöner als in der heutigen Zeit? Ist es wünschenswert, daß diese „schönen“ Zeiten wiederkommen?

Wir haben versucht, im Archiv der Gemeinde Wenden Hinweise auf die

„gute alte Zeit“ zu finden. Aber einige Schreiben und Fotos, die wir gefunden haben, passen ganz und gar nicht in das Bild der „guten alten Zeit“.

Das untenstehende Foto zeigt die Schule und den Schulplatz in Hünsborn 1937. Als Schulplatz im heutigen Sinne kann man dies allerdings kaum bezeichnen. Es fehlt an ausreichender Fläche, des weiteren sind Spielmög­lichkeiten, wie sie heute fast an allen Schulen geboten werden, nicht vorhanden.

Aus einem Schreiben des Reichsministers für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung vom 15. November 1938 geht hervor, daß „Nach der ruchlosen Mordtat von Paris kann es keinem deutschen Lehrer und keiner deutschen Lehrerin mehr zugemutet werden, an jüdische Schulkinder Unterricht zu erteilen. Auch versteht es sich von selbst, daß es für deutsche Schüler und Schülerinnen unerträglich ist, mit Juden in einem Klassenraum zu sitzen. Die Rassentrennung im Schulwesen ist zwar in den letzten Jahren im allgemeinen bereits durchgeführt, doch ist ein Restbestand jüdischer Schüler auf den deutschen Schulen übrig geblie­ben, dem der gemeinsame Schul­besuch mit deutschen Jungen und Mädeln nunmehr nicht weiter gestattet werden kann.

Vorbehaltlich weiterer gesetzlicher Regelung ordne ich daher mit sofortiger Wirkung an:

Juden ist der Besuch deutscher Schulen nicht gestattet. Sie dürfen nur jüdische Schulen besuchen. Soweit es noch nicht geschehen sein sollte, sind alle zur Zeit eine deutsche Schule besuchenden jüdischen Schüler und Schülerin­nen sofort zu entlassen.“

Anmerkung der Redaktion:

Der siebzehnjährige Sohn eines Zwangsdeportierten, Herschel Grynspan, faßte den Plan, als Rache den deutschen Gesandten in Paris zu erschießen; aber er traf statt dessen einen der Sekretäre der Botschaft, Herrn v. Rath, der selbst als Gegner der Antisemiten bei der Gestapo verdächtig war.

Die jüdischen Kinder konnten somit nur noch besondere jüdische Schulen besuchen. Diese wurden dann im Krie­ge geschlossen. Im Zusammenhang der Endlösung wurden die noch in Deutschland verbliebenen jüdischen Lehrer und Schüler deportiert. Am Ende dieses Weges standen die Ver­nichtungslager. Was damals mit den Juden geschah – wollen das die Leute, die die Parolen „Ausländer raus“ ans Schulzentrum geschmiert haben, etwa mit unseren Gästen aus Frankreich, Italien, Spanien oder der Türkei machen? Eine grauenhafte Vorstellung. Aber diejenigen, die am lautesten „Ausländer raus“ schreien, stehen abends beim Griechen und essen Gyros, oder beim Türken und lassen sich einen Döner Kebap schmecken.

.„Aus, dem Jahre 1943 stammt die Aufnahme der Schule Hünsborn (s. näch­ste Seite). Die Schule ist dringend renovierungsbedürftig. Wenn man sich zum Vergleich die neuen Räumlichkeiten im Schulzentrum vor Augen hält, wird einem erst richtig bewußt, in welch ärmlichen Verhältnissen unsere Eltern und Großeltern zur Schule gegangen sind.

Einen weiteren Beleg für die „ach so gute alte Zeit“ liefert der Regierungspräsident am 26. November 1938. Er schreibt:

„Durch Erlass vom 29.1.1938 – E III a 245/38 (a) – hat der Herr Reichserziehungsminister für die höheren Schulen angeordnet, daß aus dem Religionsunterricht alle Stoffe auszuscheiden haben, die geeignet sind, die Einheitlichkeit der nationalsozialistischen Erziehung zu gefährden.“

Des weiteren schreibt der Reichs­minister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung am 07.02.42:

„Nach dem Abkommen über Schule und Hitlerjugend, das ich mit Erlass vom 8. Februar 1941 – E l a 167, E II, E III, – bekanntgegeben habe, stehen die Nachmittage grundsätzlich nicht der Schule, sondern der Hitlerjugend und dem Elternhaus zur Verfügung.“

Am 18.01.1939 bittet die Geheime Staatspolizei, Staatspolizeistelle Dortmund, um Mithilfe bei den Schulen:

„Ich ersuche um umgehenden Bericht, an welchen Schulen des dortigen Bezirks am kath. Feiertage „Heilige Drei Könige“ (6.1.39) die Schulkinder dem Unterricht fernge­blieben sind. Gegebenenfalls ist die ungefähre Zahl der nichterschienenen Schulkinder anzugeben. Sind Fälle bekannt geworden, in denen Strafen gegen die Eltern ver­hängt wurden? Frist 10 Tage.“

Hier wird das nationalsozialistische Ziel deutlich, die Kath. Kirche als Erziehungsmacht auszuschalten. Dies geschah in mehreren Schritten, z. B.

Geistliche wurden von der Ertei­lung des Religionsunterrichts ausgeschaltet.

die Abmeldung vom Religions­unterricht wurde Eltern und Schülern nahegelegt und durch Kampagnen der Hitlerjugend gefährdet.

Schulandacht und Schulgottes­dienst wurde verboten.

Schaffung der nationalsozialistischen Gemeinschaftsschule und Abschaffung der konfessionellen Schulen.

Leider fehlt das Datum zu dem untenstehenden Foto. Allerdings ist aus den Gesichtern der Schüler deutlich zu erkennen, daß der Schulunterricht in der damaligen Zeit weitaus strenger geführt wurde. Dafür sorgten die harten Schultische und -bänke sowie die Prügelstrafe, die an der Tagesordnung war.

Fazit:

Allein diese Beispiele zeigen, daß die Jahre 1933 bis 1945 nicht unbedingt die schönsten Schuljahre waren. Ob es unter diesen Bedingungen angebracht ist, sich diese Zeiten wieder zu wünschen, lassen wir offen. Aber die Personen, die die Nazi-Parolen ans Schulzentrum geschmiert haben, sollten – soweit sie noch Schüler sind – im Geschichtsunterricht besser aufpassen.