400 Edelkrebse ausgesetzt

Elben. Viele Bewohner des Wendener Landes bringen Krebse mit dem Urlaub am Meer in Verbindung. Dass Krebse eigentlich zur heimische Fauna gehören, ist besonders jüngeren Menschen fremd. Dabei ist es nur wenige Jahrzehnte her, dass im damals klaren Wasser der Bäche und Flüsse Edelkrebse von beträchtlicher Größe lebten, die nicht selten als Leckerbissen in Töpfen und auf Tellern endeten.

Doch dann kamen die 60er und 70er Jahre: Gewässer wurden durch immer größere Einleitungen verschmutzt, naturnahe Bäche wurden zu „Autobahnen“ für das Wasser ausgebaut. Betonierte oder mit Steinen befestigte Rinnen sorgten zwar dafür, dass etwa bei der Schneeschmelze das Wasser schnell abfloss, sie boten aber den Wasserlebewesen keinen Schutzraum, den diese etwa zur Eiablage benötigen. Erst spät kam die Einsicht, dass diese Art des Umgangs mit der Natur nicht der richtige sei. Doch für viele Arten war es bereits zu spät: Sie sind in unserer Region so gut wie ausgestorben.


Ganzjährig unter Schutz

Das gilt zum großen Teil auch für den Edelkrebs (Astacus astacus). In ganz Nordrhein-Westfalen steht das Tier ganzjährig unter Schutz. Die frühere Landesanstalt für Fischerei in Albaum, heute „Fischereidezernate der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten (LÖBF)“, hat zudem ein Artenhilfsprogramm zur Wiedereingliederung des nützlichen Tieres gestartet. Nützlich ist der Edelkrebs, weil er als Allesiresser auch kranke Fische und Aas vertilgt und daher als eine Art Gesundheitspolizei des Wassers gilt.

Jochen Sauermann ist nicht nur ein reger Kommunalpolitiker, sondern auch Vorsitzender der Fischereigenossenschaft Wenden. Er berichtet, dass bei einer Zählung lediglich an einer Stelle der Bigge einige wenige Exemplare des Edelkrebses gefunden worden seien. Da kam die „Komplett Andere Schulwoche“ der Hauptschule im Wendener Konrad-Adenauer-Schulzentrum gerade recht. Sauermann machte sich gemeinsam mit Schülern und Lehrer Paul Grebe daran, den Elbebach zwischen Eiben und Gerungen so umzugestalten, dass er zum Refugium des Edelkrebses werden kann. Die Schüler machten die stellenweise Kanalisieung des Bachs rückläufig, setzten Störsteine ins Wasser, hinter denen sich Sediment ablagern kann und Fischen wie Krebsen Lebensraum bietet. Gumpen und Höhlen wurden ebenfalls geschaffen. Abschließend sorgten die Schüler dafür, dass zumindest an einigen Stellen eine Uferbepflanzung möglich wird, denn eine per Elektrofischgerät durchgeführte Fischzählung ergab, dass überall dort, wo Wurzeln in den Bach hineinwachsen, der natürliche Besatz mit Fischen weit größer war als an unbewachsenen Stellen.

Der Bauhof der Gemeinde fügte nach Rücksprache mit dem Fischereibeauftragten der Gemeinde, Walter Marcus, einen Zaun hinzu, so dass die Kühe im nächsten Frühjahr die Bäume nicht als Frühstück verspeisen, und gestern war der große Tag. Rund 60 große Edelkrebse hatte Sauermann aus Albaum mit nach Elben gebracht. In Plastiktüten feucht „verpackt“, hatten sie die Reise aus dem Kirchhundemer Land im Kofferraum gut überstanden. Stück für Stück setzten Sauermann und die Schüler die Tiere vorsichtig ins klare Wasser des Elbebachs und beobachteten, wie sich die Tiere treiben ließen und dann Verstecke suchten, denn den Tag verbringen die nachtaktiven Edelkrebse üblicherweise schlafend.

Sauermann fuhr weiter zu mehreren Stellen im Gemeindegebiet und setzte weitere Edelkrebse aus, unter anderem im Hillmickebach, den er im vergangenen Jahr ebenfalls mit Hilfe von Jugendlichen renaturiert hat.

Regelmäßige Kontrollen

Künftig soll regelmäßig kontrolliert werden, ob die von Schülerhand vollbrachte ökologische Aufwertung des Elbebachs Ernte trägt. Franz Josef Clemens, der die Fischereirechte am Elbebach gepachtet hat, berichtete, dass zwar stets Forellen und auch deren Brut gesehen worden seien, diese aber aufgrund der hohen Fließgeschwindigkeit und der mangelnden Versteckmöglichkeiten keinen Lebensraum gefunden hätten. Er hofft, dass sich der Einsatz der Schüler gelohnt hat. Langfristig, so Jochen Sauermann, sei zu hoffen, dass der Edelkrebs sich so ausbreitet, wie er es früher von Natur aus war. win