Zeitdruck ist schlechter Ratgeber

WENDEN „Ich fühle mich nicht dumm, wenn ich die Systeme noch genauer durchleuchten will.“

hobö • Das Ende der Haupt- und der Realschule im Wendener Konrad-Adenauer-Schulzentrum scheint beschlossen. Das zeigte sich in der Sitzung des Schul-, Sozial und Jugendausschusses am Donnerstagabend. Wie gestern berichtet, hat der interfraktionelle Arbeitskreis die einvernehmliche Empfehlung abgegeben, die beiden Schulformen „auslaufen“ zu lassen und eine Gesamt- oder eine Sekundärschule einzurichten. Zwar steht der Erhalt der beiden Schulformen nach wie vor als Option im Raum, doch daran glaubt niemand mehr.

Vor diesem Hintergrund zeigte die Diskussion im Schulausschuss, dass speziell die Suche nach Antworten auf zwei Fragen für reichlich Zündstoff sorgen wird: Welche Schulform wird ab dem Schuljahr 2013/14 im Wendener Schulzentrum installiert? Und wann wird diese Entscheidung gefällt?

Der Vorsitzende des Schulausschusses sowie des interfraktionellen Arbeitskreises, Ludger Wurm (CDU), hatte in seiner Information über die Arbeit des Arbeitskreises empfohlen, den Schulentwicklungsplan abzuwarten, der derzeit von einem externen Büro erarbeitet wird und Anfang 2012 vorliegen soll. Doch diese Meinung teilten nicht alle Ausschussmitglieder.Hiltrud Ochel (Grüne) zeigte sich „sehr enttäuscht, dass die Herren Bürgermeister noch nicht mit dem kommunalen Konsens begonnen haben“. Sie sollten endlich Gespräche führen. Sie hege jedenfalls die Befürchtung, so Hiltrud Ochel, dass die Städte Drolshagen und Olpe schneller seien und die Gemeinde Wenden regungslos zuschaue. „Wir können hier doch mal den ersten Aufschlag machen.“ In dieselbe Kerbe schlug Gerhard Jung (UWG): Wir sollten nicht wie Merkel den Märkten hinterherlaufen, sondern als kleine Kommune an die Spitze des Zuges springen.“

Dies sah Bernd Arns (CDU) ganz anders: „Wir haben hier eine Entscheidung von enormer Bedeutung zu treffen. Deshalb müssen wir ganz ordentlich abwägen und die Entscheidung gut vorbereiten. Zeitdruck ist hier ein schlechter Ratgeber. Zumal wir die exklusive und angenehme Situation mit exzellent funktionierender Haupt- und Realschule haben.“

Gegenwehr erhielt Arns aus der eigenen Fraktion. Angelika Henne (CDU) meinte jedenfalls: „Wir haben keine Zeit mehr abzuwarten, bis der Schulentwicklungsplan fertig ist.“ Der externe Berater kenne die örtlichen Probleme sowieso nicht. Die CDU-Politikerin glaubt, dass sich Olpe und Drolshagen „spätestens in diesem Monat positioniert und festgelegt haben“, welche Schulformen dort in Zukunft betrieben werden. Angelika Henne: „Lasst uns doch besser den Vorreiter machen.“ Zustimmung erfuhr sie von Manfred Stracke (SPD): „Wir müssen endlich zu Potte kommen und schnell die Eltern befragen.“

Daraufhin meldete sich wieder Bernd Arns zu Wort: „Die Füchse, die zu früh aus dem Bau kommen, kriegen den Schwanz abgeschlagen.“ Die Entscheidung über die künftige Schulform sei viel zu wichtig, um Eile walten zu lassen oder gar politische Ideologien umzusetzen. „Eine Fehlentscheidung würde auf dem Rücken der Kinder ausgetragen.“ Heinz Zimmermann (UWG) stimmte zu: „Gut Ding will Weile haben.“

Ludger Reuber (SPD) verwies darauf, dass 41 Schüler aus der Gemeinde Wenden in die Gesamtschulen Eckenhagen und Kreuztal gingen. Dies zeige doch, dass Bedarf an einer Gesamtschule bestehe. Markus Löhr (CDU) wertete es als „komisch, dass man hier nun schon in1 Richtung Gesamtschule tendiert“. Die Sekundärschule sei die modernere Schulform, die aufgrund der deutlichen Zeichen aus Düsseldorf künftig stärker gefördert werde.

„In einem konservativen Raum wie Wenden sollten Begriffe wie Gesamtschule nicht unfundiert in die Diskussion geworfen werden“, mahnte Ludger Wurm. Ihm liege auch sehr viel daran, dass schleunigst weitergearbeitet werde, aber gleichzeitig plädierte Wurm dafür, alle Informationen abzuwarten, die Bürger mitzunehmen und vor allem keine ideologisch geprägte Diskussion zu führen. „Die Bürger erwarten keine große Diskussion, sondern Umsetzungen, die verstanden werden.“

Horst Schlabach, Leiter der Realschule Wenden, erklärte auf Anfrage von Wurm, dass es zu den diskutierten Schulformen noch viele offene Fragen gebe. Viele Erwartungen in die eine oder andere Richtung seien derzeit lediglich Hoffnungen, weil die Landesregierung noch keine klare inhaltliche Definition zu den einzelnen Schulformen festgelegt habe. Außerdem sei es derzeit wirklich schwierig, den richtigen Zeitpunkt für eine Entscheidung zu finden.

„Ich will mich aber eindeutig positionieren“, reagierte Hiltrud Ochel. „Dies ist eine unendliche Chance für die Gemeinde Wenden. Olpe wird keine Gesamtschule einrichten wegen den Abiturmöglichkeiten an den beiden Gymnasien und am Berufskolleg. Wir könnten aber eine Gesamtschule einrichten und ein G9- statt G8-Abitur anbieten.“

„Es geht aber doch hier nicht ums Abitur“, monierte Bernd Arns. „Wir müssen doch eine Schulform finden, die dem jetzigen Klientel der Haupt- und Realschule gerecht wird. Ich weiß aber noch nicht, welche Form dafür besser geeignet ist. Und ich fühle mich dabei nicht dumm, wenn ich die Systeme noch genauer durchleuchten will.“

Dieser Ansicht stimmte Brigitte Hennecke zu: „Ich brauche doch wirklich alle Fakten, um eine Entscheidung treffen zu können. Und daher müssen wir auch den Schulentwicklungsplan abwarten. Ich habe wirklich kein Verständnis für diese hektische Betriebsamkeit.“

Letztlich wehrten sich all jene erfolgreich, die keine Hektik aufkommen lassen wollen. Denn am Ende der Sitzung wurde der Antrag einstimmig angenommen, dass der interfraktionelle Arbeitskreis Mitte Januar erneut zusammenkommt, um neue Informationen zu sammeln und eine Elterninformation vorzubereiten. Richtig ernst wird es dann im Februar, wenn die politischen Gremien den neuen Schulentwicklungsplan vorliegen haben und eine Entscheidung zur künftigen Schulform im Konrad-Adenauer-Schulzentrum herbeiführen, zumindest aber zielgerichtet vorbereiten müssen.