Busbegleiter gegen Chaos und Zerstörung

Olpe/Wenden. Für Schülerinnen und Schüler, die per Bus zum Unterricht kommen, fängt der Schulstress schon vor dem Gongschlag an. Drängelei, Enge, Herumschubsen und Pöbeln gehört für sie zur Tagesordnung. Immer wieder kommt es zu Unfällen, wenn Schüler von anderen Schülern vor den herannahenden Bus gestoßen werden. Und alljährlich beklagen die heimischen Busunternehmer und die Verkehrsbetriebe, dass Tausende von Mark in eigentlich unnötige Reparaturen der Fahrzeuge gesteckt werden müssen. Kaugummis werden auf Polster geklebt, Weichkunststoff-Griffe in Schnitz“Kunstwerke“ verwandelt, Rücksitzlehnen als Litfasssäulen umgenutzt, Bezüge mit Brandlöchern versehen. Viele Schülerinnen und Schüler leben ihre Aggressionen im Bus aus. Das Problem wäre wohl einfach in den Griff zu bekommen, wenn wie früher ein Schaffner im Bus mitführe. Doch diese Personalkosten kann niemand finanzieren.


In Sundern und im Kreis Schleswig-Flensburg haben sich die Verantwortlichen daher Gedanken gemacht, wie sie das Problem auf andere Weise aus der Welt schaffen können. Zwei ganz ähnliche Projekte sind unabhängig voneinander entstanden. In Schleswig heißt es „Busengel“, in Sundern spricht man von „Bus-Guides“. Schüler älterer Jahrgänge werden zu ehrenamtlichen Buslotsen ausgebildet, an Kosten fallen nur Anerkennungs-Geschenke, etwa eine Jahresnetzkarte, an. Gestern kamen im Sitzungssaal des Olper Kreishauses Lehrkräfte aus dem gesamten Kreis zusammen, um gemeinsam mit Fachleuten von Verkehrsbetrieben, Verwaltung und Polizei über diese Projekte zu sprechen. Die Gesprächsleitung hatte Hans-Jürgen Grisar, Sozialdezernent des Kreises Olpe. Zum Auftakt stellten Michael Grebe, Leiter des Schulverwaltungsamts der Gemeinde Wenden, und Hauptschul-Rektor Michael Olberts den Versammelten das Projekt aus Sundern vor, das in ähnlicher Form ab dem Schuljahr 2000/ 2001 in Wenden realisiert werden soll.
An den Schulbushaltestellen werden rot eingezeichnete Sicherheitsbereiche geschaffen, zu denen nur die Buslotsen Zugang haben. Ein zweiter Buslotse stellt sich an das Ende der Reihe, in der die Schülerinnen und Schüler auf das Einsteigen in den Bus warten. Verstöße wie Drängelei werden aufgenommen und der Schule mitgeteilt. Die Konsequenzen reichen bis zum Entzug der Fahrkarte. Die Buslotsen fungieren als Ansprechpartner der Busfahrer, die sich durch Außenlautsprecher mit den Schülern schon vor dem Öffnen der Türen verständigen können. Michael Olberts: ,Wir wollten nicht glauben, dass das funktioniert. Aber es ist faszinierend: Die Schüler stellen sich in Reih und Glied auf und steigen geordnet ein.“ Um sich der unbedingt notwendigen Unterstützung durch die Eltern zu versichern, genüge es erfahrungsgemäß, diesen einmal das normale Prozedere an der Bushaltestelle zu zeigen. Michael Grebe berichtete, es sei aber zumindest zum Beginn eines solchen Projekts nötig, dass die Schule eine Aufsichtsperson bereit stelle. Klaus Brüning vom Kreisjugendamt berichtete über das Projekt aus Norddeutschland, das dem in Sündern sehr ähnlich ist, nur wird hier von vornherein noch mehr Wert auf die weitergehende Kontrolle während der Fahrt gelegt. Auch hier sind die Ergebnisse frappierend: Das Einsteigen läuft schneller und sicherer ab, die Zerstörung in den Bussen ist auf ein Minimum gesunken.

Viele der erschienenen Lehrkräfte zeigten sich skeptisch, ob so etwas funktionieren könne. Diejenigen, die sich die Projekte angesehen hatten, konnten aber nur bestätigen, dass wider Erwarten die Erfolge groß seien. Mehrere Lehrer monierten, dass das Chaos dadurch bedingt sei, dass die Busse mit viel zu vielen Schülern besetzt würden. Vertreter von Westfalen – Bus und Verkehrsbetrieben Westfalen – Süd (VWS) versicherten, dass eigentlich genug Platz da sei, dass aber die Schüler bestimmte Lieblings-Busse hätten, meist die spätesten, und diese daher in der Tat stärker besetzt seien als gewollt. Polizeirat Klaus Zecher von der Kreispolizeibehörde Olpe verwies auf das Projekt „Rollende Notrufsäule“ zwischen Polizei und VWS, durch das dem Bürger klar gemacht werden soll, dass er den Busfahrer ansprechen kann, um die Polizei über Missstände und Gefahren in Kenntnis zu setzen.

Besonders wichtig war allen Beteiligten die Einbeziehung der Busfahrer, die von beiden Projekten auch vorgesehen ist. Hier könne ein ehrenamtlicher Busbegleiter ein großer Vorteil sein, der dem Fahrer als Ansprechpartner zur Verfügung stehe.

Eine Lehrerin regte an, dass man auch Eltern mit Freifahrkarten belohnen könnte, die sich als Busbegleiter zur Verfügung stellen. Peter Wurm, Beigeordneter der Stadt Olpe, zeigte sich vom Gehörten so angetan, dass er spontan zusagte, bei der nächsten Schulleiterkonferenz das Thema auf die Tagesordnung zu setzen und über eine Beteiligung an einem solchen Projekt nachzudenken.