KAS News

KAS News header image 3

Ein Brief von Juni 2008

Im Juni 2008 schrieb Marcela nach längerer Zeit wieder einmal einen Brief an uns. Nachdem er einige Zeit beim Schulleiter im Büro gelegen hatte, liegt er nun für die Homepage vor. Es ist bereits Dezember und nicht mehr weit bis Weihnachten. Marcela wusste wohl, dass Briefe bis nach Deutschland Zeit brauchen. Auch die Übersetzung ins Deutsche braucht Zeit. Sie schreibt auf Portugiesisch und gibt sich viel Mühe, ihre Briefe schön zu gestalten. Und fast immer sendet sie auch etwas Gebasteltes mit. Die Zeit vergeht und bald ist die Zeit an der Mittelschule für sie vorbei. Noch ist sie sich nicht sicher, wie es danach weiter gehen wird. Auch für uns könnte dies Veränderungen bringen. Wenn sie nicht mehr zur Schule geht und eigenes Geld verdienen muss, wird sie kein Patenkind mehr sein. Warten wir es ab.

Hier nun die Übersetzung des Briefes.

Liebe Konrad-Adenauer-Schule!
Mit großer Zuneigung darf ich Euch wieder einen Brief schreiben um Euch die Neuigkeiten zu berichten. Und wie geht es Euch und Euren Familien? Ich hoffe, dass es allen gut geht. Es ist schon eine Zeitlang her, dass ich zuletzt geschrieben habe.
Uns geht es allen gut, mir und meiner ganzen Familie. Mein Vater hat auch schon die Bohnen von unserem Feld geerntet. Jetzt muss nur noch der Mais geerntet werden, aber das müssen jetzt meine Mutter, mein Onkel und mein Großvater machen, denn mein Vater ist in den Süden des Landes gefahren, um dort Zuckerrohr zu ernten.
Meiner Mutter geht es gut und meinen Geschwistern ebenfalls. Nur eine meiner Schwestern, die
Adriana, muss sehr weit fahren, um zur Schule zu gehen. Und obwohl es zu dieser Zeit immer
sehr viel regnet, fährt der Wagen manchmal ohne Dach und ohne Plane und dann kommt meine
Schwester, aber auch alle anderen Schüler und Schülerinnen, völlig durchnässt in der Schule an.
Und wie ist es an der Schule, in die Ihr geht und arbeitet? Ich bin z.Zt. im letzten Jahr der Mittelstufe und ich überlege immer noch, was ich im nächsten Jahr machen soll. Die finanziellen Mittel meiner Eltern sind sehr beschränkt und ich arbeite bisher noch nicht.
Im Monat Januar habe ich an einem audio-visuellen Projekt in meinem Dorf teilgenommen. Selbst von weit her sind Leute gekommen, um alles nochmals mit uns jungen Leuten durchzugehen. Die Gegend, in der ich wohne, gehört dem Quilombo (ehemalige Sklavenkolonie) und hier wohnen Menschen, die noch von den „Quilomholos“ (geflüchtete Sklaven) abstammen. Das war richtig toll, dass ich so meine Gemeinde richtig kennen gelernt habe, denn genau genommen habe ich vorher von meinem eigenen Ort überhaupt nichts gewusst.
Und wie ist es bei Euch? Kennt Ihr alle Eure (lokale) Geschichte? Danach haben wir nur aus Frauen eine Gruppe gebildet, die sich „Mae Preta Videos“ (Schwarze Mutter der Videos) nennt. Ich würde Euch gerne meine Arbeit zeigen, aber ich weiß, dass dies unmöglich ist, denn leider wohnen wir sehr weit voneinander entfernt.
Hier in Triunfo ist es jetzt sehr kalt und es regnet auch sehr viel. Und wie ist das Wetter bei Euch in Deutschland?
Ich werde meinen Brief jetzt schließen, mit großer Sehnsucht nach Euch,
Euer Patenkind, das Euch sehr bewundert, auch wenn ich Euch noch nicht persönlich kenne. Aber ich träume davon, dass es eines Tages klappt.
Küsse und Umarmungen für Euch und alle Eure Familien, von Eurem Patenkind,
Marcela.