„Ich möchte euch mitnehmen in die harte Realität“

Wenden. Beeindruckt und zugleich schockiert zeigten sich die Schülerinnen und Schüler der Wendener Hauptschule am Freitagmorgen von den Ausführungen Pater Josef Gerners. Seit zehn Jahren ist der deutsche Missionar im Bürgerkriegsgebiet Uganda als Beichtvater der so genannten ‚Kindersoldaten tätig.


Im Rahmen der von mehreren Hilfsorganisationen initiierten Aktion „Volltreffer: Auf Tore schießen statt auf Menschen – kein Krieg mit Kindern“ und in Zusammenarbeit mit ‚Missio“ hatte Lehrkraft Cordula Bukowski den Geistlichen geladen, um über seine Erlebnisse zu berichten und gegen die Instrumentalisierung von Kindersoldaten einzustehen. „Ich möchte euch mitnehmen in eine sehr harte Realität“, bereitete Pater Josef Gerner sein Publikum – kaum älter als viele der Kindersoldaten – auf die Schilderungen vor. Hautnah erlebt der Missionar bei seiner Tätigkeit in Uganda die Grausamkeiten des Bürgerkrieges; ist täglich Zeuge der unmenschlichen Taten, zu denen man die Kindersoldaten missbraucht. Hilflos steht man in Uganda nicht nur den Überfällen und Angriffen der Rebellen gegenüber, sondern auch der seelischen Traumatisierung der wenigen Kinder, denen die Flucht gelingt. In so genannten Auffanglagern versucht man, ihnen bei der Rückkehr in ein friedliches Leben zu helfen. Dabei macht allein die hohe Anzahl der Betroffenen eine angemessene Behandlung der körperlichen, vor allem aber der seelischen Verletzungen kaum möglich. Die Drahtzieher des Bürgerkrieges in Uganda bedienen sich seit dessen Beginn 1987 der Maschinerie der Kindersoldaten. Aufgrund ihres jungen Alters sehen die Rebellen in ihnen ein besonders hohes Potential, sie für ihre Zwecke manipulieren und instrumentalisieren zu können. Bei nächtlichen Übergriffen auf Dörfer werden die Kinder entführt und durch psychischen Druck zu Soldaten gedrillt. Gelingt dies nicht oder werden sie aufgrund einer instabilen Gesundheit zur Belastung, werden sie umgehend umgebracht – ebenfalls durch Kindersoldaten. Aus Angst um ihr eigenes Leben töten und foltern sie für die Rebellen, müssen sich an schrecklichen Massakern beteiligen, die man als Einschüchterung nutzt, um ein Sympatisieren mit der Regierung auszuschließen. Auch diese ist an der Misere der Kinder maßgeblich beteiligt – nicht nur weil sie sich selbst der Kindersoldaten bedient. Darüber hinaus wird die Bevölkerung bewusst „abhängig“ gehalten, um sie für eigene Zwecke abzustellen. Die Regierung steht nicht für den Schutz der Kinder ein, behandelt sie wohl aber wie Rebellen, sobald sie in deren Fänge geraten. Oftmals werden die Kinder somit durch Regierungshand getötet. Die Leidtragenden bei, dieser stagnierenden Situation sind in jeder Hinsicht die Kinder – selbst wenn sie ihren Peinigern entkommen. Oft beginnt erst dann ihr eigentliches Leiden, das Verarbeiten der grausamen Bilder und ihrer eigenen Taten. Viele wollen aus Angst vor einer erneuten Entführung nicht zu ihren Familien zurück. Andere werden von ihren Eltern verstoßen, weil diese die Taten ihrer Kinder nicht ertragen oder sogar fürchten, in Folge der Kriegstraumatisierung von ihnen getötet zu werden. Auch Ereignisse dieser Art gehörten in den Bürgerkriegsgebieten nämlich durchaus zum Alltag, so Gerner.

Pater Gerner ist einer der wenigen, der den Kindern seelischen Beistand leistet und sich für ihre Belange einsetzt. Die dramatischen Schilderungen einzelner Schicksale, die er auch in Wenden ohne jede Zensur darstellte, scheinen dabei das beste Mittel, der erschütternden Situation der Kinder in Uganda Gehör zu verschaffen. Auch bei den Wendener Schülern zeigten seine Ausführungen Wirkung: Bewegt von der Unmenschlichkeit dieses Krieges beschlossen die jungen Zuhörer spontan, eine Unterschriftenaktion zu organisieren. Ein kleiner Schritt, der jedoch ganz im Sinne der jüngsten Hilfsaktion ist. Rudi