„Nein“ zu weiterer Fördergruppe
hobö Wenden. Vorerst soll es keine weitere sonderpädagogische Fördergruppe am Konrad-Adenauer-Schulzentrum geben. Das beschloss der Wendener Gemeinderat in seiner Sitzung am Mittwoch. Damit lehnten die Politiker einen Antrag von Eltern ab, die den gemeinsamen Unterricht behinderter und nichtbehinderter Kinder in der Sekundarstufe I wünschten. Gleichwohl folgte der Rat damit den Wünschen der Schulkonferenzen sowohl der Haupt- als auch der Realschule. Auch der Schulausschuss hatte in seiner Sitzung am 13. Mai mehrheitlich gegen eine weitere Fördergruppe votiert.
Vor zwei Jahren wurde erstmals eine sonderpädagogische Fördergruppe an der Konrad-Adenauer-Hauptschule eingerichtet. Ein Jahr später folgte eine weitere an der Realschule. Die behinderten Kinder werden teilweise von einer sonderpädagogischen Fachkraft unterstützt, nehmen aber auch im Klassenkollektiv im Fachunterricht teil. Im Gemeinderat erhielten die Leiter der Haupt- sowie der Realschule die Möglichkeit über ihre bisherigen Erfahrungen zu berichten.
Horst Schlabach erklärte als Leiter der Realschule, dass die Erfahrungen mit der bestehenden Fördergruppe alles andere als positiv seien. Während die soziale Integration der behinderten Kinder relativ problemlos verlaufe, werde die intellektuelle Integration zunehmend schwieriger. Die betroffenen Kinder benötigten persönliche Förderung, die die Schule aber nicht in allen Bereichen leisten könne.
Eine Sonderschule stelle hingegen die Stärken eines jeden Kindes in der Vordergrund. Dort hätten die Kinder viel öfter Erfolgserlebnisse, während sie an der Realschule viel häufiger „hinterher hingen“ und Misserfolge verkraften müssten. „Für die Kinder ist das schlimm“, so Schlabach. „Wir haben einfach nicht die räumlichen und personellen Möglichkeiten, um die Kinder in der erforderlichen Weise zu fördern.“
Schlabach erläuterte ferner, dass für die sieben behinderten Kinder an der Realschule beispielsweise vier verschiedene Mathematikbücher notwendig seien und dementsprechend neben der regulären Mathearbeit vier unterschiedliche Arbeiten zu stellen, zu korrigieren und zu bewerten seien. Und diese intellektuelle Schere gehe bei zunehmender Unterrichtsdifferenzierung noch weiter auseinander. Für eines der sieben Kinder werde sehr ernsthaft überlegt, einen Antrag auf Übernahme an einer Sonderschule zu stellen. Die Schulkonferenz habe sich die ablehnende Entscheidung nicht leicht gemacht, aber „die anfängliche Skepsis ist ganz deutlichen Erfahrungen gewichen und bestätigt worden“. Der Realschulleiter appellierte an den Rat, den Antrag auf eine zusätzliche Gruppe abzulehnen, da sie den Kindern nicht helfe: „Es geht nicht nur um soziale Integration, sondern um die persönliche Förderung der Kinder.“
„Bei uns verläuft das Projekt bisher erfolgreich“, berichtete Schulleiter Joachim Winkelmann über die Erfahrungen der Fördergruppe an der Konrad-Adenauer-Hauptschule. Aber noch könne nicht abgeschätzt werden, wie der Erfolg bei der weiteren Differenzierung aussehe. Winkelmann befürchtet aufgrund seiner Erfahrungen an einer Elsper Schule eine „Ausgrenzung der behinderten Kinder, wenn sich das Leistungsvermögen zu unterscheiden beginnt“. Lediglich 16 von 30 Unterrichtsstunden würden von der Sonderpädagogin begleitet, im kommenden Jahr seien dies weniger. Auch der Leiter der Hauptschule erklärte, dass „seiner“ Schule für eine weitere Fördergruppe die räumlichen und personellen Rahmenbedingungen fehlten.
„Wir sind jetzt zu der Erkenntnis gekommen, dass es besser für die Kinder ist, wenn keine zusätzliche Gruppen genehmigt wird“, erklärte Lutz Schabelon im Namen der SPD. Elmar Holterhof, Fraktionschef der Grünen, hält die Idee eines gemeinsamen Unterrichts „im Grunde für positiv“. Die räumlichen und personellen Voraussetzungen müssten für ein solches Projekt stimmen, „aber die stimmen hier nicht“. „Wir sollten den mahnenden Worten der Schulleiter folgen“, appellierte Rüdiger Daus, Fraktionsvorsitzender der UWG. Er habe persönlich den Eindruck gehabt, dass die Eltern zu viel Wert auf den sozialen Aspekt gelegt hätten.
Mechthild Voß (CDU) hingegen sprach von einer Gewissensentscheidung: „Hier sollte sich jeder bewusst machen, dass auch er morgen behindert sein kann und dann auch nicht alleine dastehen will.“ Auch Hiltrud Ochel von den Grünen sprach sich für eine weitere Fördergruppe aus: „Integration ist eine gesellschaftspolitische Aufgabe und hat daher auch moralischen Wert.“
„Das ist keine Gewissens-, sondern eine realistische Entscheidung. Es geht um die Kinder, und die sollen nicht auf der Strecke bleiben“, erklärte hingegen Rita Brüser (UWG). „Die Integration wird nicht erreicht“, ergänzte Heribert Klur (CDU). „Eine Gewissensentscheidung war das vor zwei Jahren, jetzt nicht mehr.“ Jochen Sauermann (SPD) sprach sich für die Fortführung der bestehenden Gruppen, aber gegen eine weitere aus. Bei drei Enthaltungen und vier Neinstimmen beschloss der Gemeinderat schließlich, den Antrag auf Einrichtung einer weiteren Gruppe abzulehnen. Die beiden bestehenden Gruppen werden fortgeführt, und der Schulausschuss wird jährlich über die Projekte informiert.