Mit Sport Aggressionen verhindern

Wenden. In vielen Schulen scheint angesichts der gesellschaftlichen Probleme blanke Ohnmacht zu herrschen. Steigende Gewaltbereitschaft, fehlendes Lerninteresse und mangelnder Integrationswille bei vielen Schülern wird diagnostiziert, aber „heilende Mittel“ werden im pädagogischen Medizinschrank offenbar nur selten gefunden. Anders sieht das offenbar in der Gemeinde Wenden aus: In die Offensive sind dort die Haupt- sowie die Realschule gegangen. Auf Anregung von Hauptschullehrer „Peppi“ Nusterer und Realschulleiter Clemens Bernemann wurden schon 1993 Projekte eingeleitet, die mit viel Akribie von vielen Stellen weitergetrieben wurden und inzwischen erste Erfolge vorweisen können. Gestern stellten die beiden Schulen zusammen mit den Hauptverantwortlichen der Wendener Gemeindeverwaltung die Maßnahmen vor.


Im Vordergrund stand der Wille, einen Ausgleich zwischen den schulischen geistigen Anforderungen und dem Bewegungsdrang zu schaffen. Der Schulhof sollte umgestaltet werden, sollte interessante Beschäftigungsmöglichkeiten für die Schüler bieten. Gleichzeitig wollte man durch die Einbindung der Kinder deren Verantwortungsbewußtsein schulen. Alle Jahrgänge wurden beteiligt, und heute weist das Gelände am Konrad-Adenauerschulzentrum eine Fülle an Sportmöglichkeiten auf. Die Kinder stehen nicht mehr einfach die Pause ab, sondern spielen Fußball, Tischtennis, Basketball oder Volleyball, sie klettern an einer Free-Climbing-Wand oder fahren mit Inline-Skatern. Wer nicht selbst aktiv ist, schaut wenigstens zu und kommt nicht auf dumme Gedanken.

Dafür wurde in den vergangenen drei Jahren das Gelände am Schlegelsberg grundlegend verändert. Unter anderem entstanden speziell konstruierte Spielfelder für Inline-Skater, Street-Fußballer und Basketballer. Ein Gang über das Areal in den Pausen zeigt die riesige Akzeptanz der Sportangebote. Nicht nur die Gemeinde Wenden unterstützte die Projekte ihrer Schulen, sondern auch der hiesige Lions-Club ließ sich nicht lumpen. Auf Anregung von Bürgermeister Peter Brüser spendete der Club den Erlös einer Veranstaltung für die Schulprojekte. Immerhin 6400 DM überwies der Lions-Club.

Neben diesen Veränderungen , im „Hardware“- Bereich, wandten sich die Wendener Pädagogen auch der pädagogischen „Software“ zu. Über das normale Angebot der Schulen hinaus, so Hauptschulleiter Michael Olberts, habe man sich auf eine „bewegte Schule“ hin orientiert. Wenn die Lehrer erkennen würden, daß die Schüler nicht mehr aufnahmefähig sind, sollte das Denken durch Bewegung abgelöst werden. Verschiedene Aktionstage sowie die ausgeklügelten Pilotprojekte „Talentsuche und -förderung im Bereich Fußball und Leichtathletik“ (die SZ berichtete) helfen dabei. Überdies richteten die Schulen Nachmittagssportangebote für Basketball, Tischtennis, Volleyball, „Frisbee“ und ähnliche Sportarten ein.

Für ganz wichtig erachtete auch Bürgermeister Peter Brüser die Einrichtung der „Verläßlichen Schule“. Von montags bis donnerstags wird im Wendener Schulzentrum eine Übermittagbetreuung angeboten. Mittagessen, Hausaufgabenbetreuung sowie Spiel- und Sportangebote sind eingerichtet worden. Und das mit Erfolg, wie Michael Olberts und Clemens Bernemann unisono erklärten. Etwa 80 Schülerinnen und Schüler auch aus den oft genannten Problemgruppen nehmen dieses Angebot inzwischen an.

Die Vorbereitungen waren alles andere als simpel, denn neben der organisatorischen Regelung im Hause mußte der Fahrverkehr der Jugendlichen nach den Nachmittagsprojekten mit den Verkehrsbetrieben Westfalen-Süd (VWS) abgestimmt werden. Mit eingebunden wurde auch die Kleine Offene Tür (KOT) der St.-Severinus-Pfarrgemeinde Wenden. Die Mitarbeiter der Jugendfreizeitstätte beteiligen sich teilweise an den Maßnahmen im Schulzentrum, und auf der anderen Seite versuchten die Schulen, die Jugendlichen für das Angebot im Wendener Pfarrheim zu sensibilisieren. Bürgermeister Brüser wertete es als besonders erfreulich, daß die Gesamtmaßnahme das Ergebnis einer konzertierten Aktion sei. Viele Partner könnten sich den Erfolg teilen. Er sei überdies angenehm überrascht von dem Engagement einzelner. Die .Verläßliche Schule“ sei sehr wichtig und unbedingt notwendig. Viele Schüler, die sonst keine „Anlauf stelle“ hätten, fänden hier eine sinnvolle Beschäftigung.

Bei einer Besichtigung überzeugten sich die Gäste, darunter auch Vertreter des Lions-Clubs, von der Akzeptanz der Einrichtungen auf dem Schulhofgelände. Bernemann und Olberts berichteten, daß die Gewaltbereitschaft und auch die Zerstörungswut an . Einrichtungsgegenständen stark abgenommen habe. Schwierige Einzelfälle gebe es in einem Schulzentrum mit mehr als 1000 Kindern immer, aber die Pädagogen hoffen, daß die Projekte langfristige Erfolge erzielten und die derzeitige Ruhe keine vor dem Sturm ist. hobö

(Datum nicht gesichert)