Es krachten vier trockene Schüsse

Von Paul Rötz

Lütringhausen. (WP) Man schrieb den 8. April 1945. Der Krieg ging in seine letzte Phase und Generalfeldmarschall Model arbeitete im Hauptquartier in Neuenkleusheim die Pläne für das allerletzte Gefecht aus. Das Unternehmen wurde ein Desaster und endete im sogenannten Ruhrkessel. Die Deutschen waren am Ende.

Während die Neuenkleusheimer jeden Tag beten, daß die von Siegen heranrückenden Amerikaner bloß nicht die Lage des deutschen Generalstabs herausfinden, werden im nahen Lütringhausen am 7. April 1945 vier junge deutsche Landser von sogenannten „Kettenhunden“, der Feldgendarmerie der Wehrmacht (Militärpolizei), aufgegriffen und festgesetzt. Man macht ihnen den Vorwurf der Fahnenflucht, des unerlaubten Entfernens von der Truppe. Fahnenflucht allerdings wird als „Feigheit vor dem Feinde“ ausgelegt und mit dem Tode bestraft.


Die „Kettenhunde“ fesseln die vier Soldaten und sperren sie in den Keller des Hauses Schmidt, direkt neben dem Hammerwerk gelegen. Hier war auch das Feldgericht einquartiert.

Ohne große Gerichtsverhandlung werden die jungen Soldaten als Deserteure bezeichnet und verurteilt. Tags darauf mußten sie an einem Tannenstück oberhalb des heutigen Zinnoberweges vier Löcher ausheben. Am frühen Nachmittag des 8. April krachen dann vier Schüsse. Zeugen berichteten gestern gegenüber unserer Zeitung, daß Mitglieder der Feldgendarmerie die angeblichen Deserteure erschossen haben. Nur einen Monat später, am 8. Mai, war der Krieg in Olpe aus. Auf Anordnung der Amerikaner mußten die Leichen an der Rhonard wieder ausgebuddelt und auf dem Soldatenfeld des Olper Friedhofs beerdigt werden. Recherchen ergaben, daß man hierfür lokale Nazigrößen herangezogen hat.

Heute wird der Westdeutsche Rundfunk für seine Serie „Spurensuche“ mit einem Fernsehteam Lütringhausen besuchen und erste Aufnahmen über die Exekution an der Rhonard drehen. Anstoß dazu gab der ehemals an der Olper Hauptschule (Hakemicke) und jetzt in Wenden unterrichtende Geschichtslehrer Jürgen Borchers (52). Er war während eines Spaziergangs an dem schlichten Holzkreuz und der Bronzegedenktafel vorbeigekommen und aufmerksam geworden. Lütringhauser Bürger haben beides an der Erschießungsstelle aufgestellt und pflegen die Gedenkstätte schon seit Jahren. Borchers setzte den WDR ins Bild.

Die Identität der vier erschossenen Männer war bis vor kurzem noch völlig unbekannt. Erst nach Einsicht in die Kirchenbücher der St-Martinus-Gemeinde konnten zwei Erkennungsmarken über das Amt für ehemalige Wehrmachtsangehörige in Berlin ausgewertet werden.