Konstruiert und gebaut

Elben. Früher war es eindeutig: Rosa tragen nur Mädchen, in der Kirche sitzen die Frauen links, und Autoschlosser werden nur Jungen. Das alles hat sich geändert. Reine Mädchen- oder Jungenhobbys, -berufe oder -färben gibt es nicht mehr. Dennoch existieren gerade bei der Berufswahl immer noch Vorbehalte und Vorurteile, die manchen Beruf dem einen Geschlecht nahelegen und dem anderen verbauen.

Um das noch tiefgreifender zu ändern, wurde vor Jahren der „Girls‘ day“ ins Leben gerufen, zunächst mit der Zweckbestimmung, so genannte „Männerberufe“ auch jungen Damen schmackhaft zu machen, indem Schülerinnen rechtzeitig vor der Berufswahl im Rahmen eines Tagespraktikums in das Berufsfeld hineinschnuppern können. Inzwischen ist aus dem „Girls‘ day“ der „Girls‘ and boys‘ day“ geworden, denn der demografische Wandel und die Emanzipation bringen es mit sich, dass auch in so genannten Frauenberufen Männer immer willkommener sind. Am Donnerstag war der jährlich stattfindende Aktionstag, und auch in der Region beteiligten sich zahlreiche Firmen, Behörden und Institutionen daran. Eine ganz besondere Aktion hatte sich der Landesbetrieb Straßenbau in Siegen ausgedacht. Sechs Mädchen hatten die Gelegenheit, sich die breite Berufspalette anzusehen, die bei dem Landesbetrieb geboten wird, vom Ingenieur, der Straßen plant, bis zum Straßenwärter, der die fertigen Bauwerke instand hält.

Jana Reinschmidt und Andrea Hecken vom Landesbetrieb betreuten die sechs jungen Damen, die vom Gymnasium Wilnsdorf, der Realschule am Unteren Schloss Siegen, der Gesamtschule Kreuztal und der „Realschule plus“ aus Wissen kamen. Nachdem sie am Computer mit Hilfe der Software „AutoCAD“ ein Teil der Talbrücke Eiben der Autobahn 4 nachkonstruiert hatten, bauten sie das Modell einer von Leonardo da Vinci konstruierten Brücke nach. Dann ging es vor Ort: Zusammen mit Michael Zart und Marcus Beier ging es nach Eiben. Am Widerlager öffneten die Straßenbauer die Zugangstür zur Talbrücke, und nach einer kurzen theoretischen Einweisung hatten die sechs jungen Damen Gelegenheit, die Talbrücke von innen zu besichtigen.

Die Elbener Brücke wurde gewählt, weil sie eine Besonderheit ist. Während die meisten anderen Talbrücken der Region aus Beton bestehen, ist das Exemplar in Eiben in einem Verbund aus Stahl und Beton errichtet. Eine Betonplatte trägt die Fahrbahn und wird selbst von einem Hohlkasten aus Stahl gestützt.

Erstaunt blickten die jungen Damen in die „Eingeweide“ der gewaltigen Brücke. Sie erfuhren, dass das Bauwerk nur in der Mitte fest auf dem Pfeiler liegt, an beiden Widerlagern ermöglichen Gleitlager die temperaturbedingten Verschiebungen, die gut und gern einen halben Meter auf jeder Seite ausmachen können. Unter ohrenbetäubendem Lärm beim Überfahren der Anschlussfuge sahen sie die baumdicken Abflussleitungen, von denen das Oberflächenwasser abgeleitet wird, die dünnen Leitungen, mit deren Hilfe flüssiges Taumittel auf die Fahrbahn gesprüht werden kann, die Klappen, durch die Mitarbeiter zu Revisionszwecken auf die Pfeiler hinabsteigen können.

Mit Helmen geschützt, gingen sie über den Gittersteg, der in der Mitte des Brückenkastens von einer Seite des Tals durch die komplette Brücke auf die andere führt. Elektrische Leitungen durchziehen die Brücke, die komplett beleuchtet werden kann. Mit Hilfe eines Messgeräts hatten sie Gelegenheit, die Dicke des Metallschutzanstrichs zu prüfen; eine der Arbeiten, die bei den regelmäßigen Revisionsgängen zu erledigen ist.

Am Ende des Projekttags hatten die sechs jungen Damen zumindest eine Ahnung von der Vielseitigkeit dessen, was beim Landesbetrieb Straßenbau getan wird, und mit Sicherheit vieles gelernt, das sie im Physikunterricht gebrauchen können, win