Berufswahl: Computer spielt mit

Von Roland Vossel

Kreis Olpe. (WP) Melanie läßt kein gutes Haar an ihrem Betriebspraktikum: „Ich war am Amt. Das war ganz schön langweilig“. Zwei Wochen hat die Schülerin der Klasse 8 der Hauptschule Wenden ins Berufsleben hineingeschnuppert. Licht und Schatten hat es bei den Praktika der 22 Schülerinnen und Schülern von Klassenlehrer Dieter Helmes gegeben. „Da sind schon manche Illusionen der Schüler zerplatzt“, sagt Helmes. Andere waren allerdings Feuer und Flamme. „Eine Schülerin, die selbst ein Pferd besitzt, wollte nach zwei Wochen Praktikum im Pferdestall gar nicht mehr aufhören“, erzählt der Klassenlehrer.


Szenenwechsel. Montag morgen, 8.30 Uhr. Die 22 Schülerinnen und Schüler haben ihr Wendener Klassenzimmer mit dem Berufsinformationszentrum in Siegen (BIZ) getauscht. Aufmerksam verfolgen sie die Erläuterungen von Werner Heuel, Berufsberater vom Arbeitsamt in Olpe: „Im BIZ kann sich jeder selbst informieren, zum Beispiel über Aufgaben, Tätigkeiten, Anforderungen, Ausbildung- und Ausbildungsplatzsituation, Verdienst und Beschäftigungsaussichten des gewünschten Berufes. Zu jedem Beruf gibt es Informationsmappen.“ Die Schüler sind Feuer und Flamme, stürzen sich auf das Angebot im Informationszentrum.

Werner Heuel, seit vier Jahren beim Arbeitsamt Olpe speziell in der Berufsberatung der Schüler tätig: „Zwei Mal pro Schuljahr veranstalten wir ab der neunten Klasse Beratungen im Berufsausbildungszentrum in Siegen. Die Schule in Wenden ist dabei Vorreiter, kommt schon mit Schülern ab der achten Klasse.“

Das BIZ, das für jedermann zugänglich ist, beruht auf dem Prinzip der Selbstinformation. Neben Informationsmappen werden auch Filme, Dias und Hörprogramme über Berufe gezeigt. Außerdem stehen zwei

Computer zur Information bereit. Heuel: „Dieses Angebot besteht erst seit einem halben Jahr. Die Schüler geben ihre Interessen ein, und der Computer spuckt die Berufe aus, die dem entsprechen.“

Die Palette der Ausbildungsmöglichkeiten ist groß, etwa 900 stehen zur Verfügung. Gerade deshalb will die Berufsberatung des Olper Arbeitsamtes den Schülern Informationen und Hilfen im Dschungel der Angebote an die Hand geben. Die Berufsorientierung gliedert sich in die Bereiche Berufsberatung in den Schulen und das Berufsinformationszentrum.

„Die Situation hat sich in den letzten Jahren ganz entscheidend zugunsten der Bewerber entwickelt. Es stehen genügend Ausbildungsstellen zur Verfügung, so daß die Bewerber wählen können. Dieser Trend wird sich noch verstärken“, sieht Werner Heuel rosige Aussichten für Lehrstellenbewerber. Und: „Früher wurde aufgrund der mangelnden Ausbildungsstellen die erste mögliche angenommen, weil gerade etwas frei war. Viele haben sich gar nicht informiert. Viele haben dann ihre Ausbildung wieder abgebrochen. Damit das nicht passiert, gibt es das Berufsinformationszentrum.“

Auch bei der Bewerbung für einen Ausbildungsplatz ist die Berufsberatung behilflich. So werden im Kreis Olpe in fast allen Schulen in den neunten Klassen dreistündige Berufswahltests, die über Neigungen und Interessen der Schüler Aufschluß geben, veranstaltet. Heuel: „Im Kreis Olpe haben wir 90 Prozent der Schülerinnen und Schüler erfaßt.“ Daß der Berufswahlprozeß bereits in der achten Klasse begonnen wird – wie in der Wendener Hauptschule praktiziert – sieht Heuel als richtig an.

Der Renner sind derzeit bei den Schülern, die einen Ausbildungsplatz suchen, Computer „Viele spielen zu Hause mit einem Computer. Sie wollen auch beruflich in diesem Bereich arbeiten. Der Andrang auf den Beruf des Datenverarbeiters ist deshalb sehr groß“, so Werner Heuel. Bei den Mädchen stehen Berufe im kaufmännischen Bereich und kreative Berufe am höchsten im Kurs. Das Schlußlicht der Beliebtheitsskala bildet das Handwerk. Heuel: „Ausbildungen zum Fleischer oder Bäcker stehen ganz hinten an. Das ist zum einen bedingt durch ungünstige Arbeitszeiten und schlechte Bezahlung.“ Großer Bedarf herrscht auch in den Bauberufen. Gute Aussichten gibt es außerdem in jedem technischen Beruf im metallverarbeitenden Bereich.

Ein Novum ist die Tatsache, daß viele Betriebe mittlerweile bereit sind, auch Mädchen in Berufen aufzunehmen, die bislang für sie tabu waren (zum Beispiel Industriemechanikerin) – bedingt durch den Mangel an Auszubildenden. Probleme, Plätze zu besetzen, gibt es ebenfalls im Hotel- und Gaststättenbereich.