Helfer brachen durch Dach
sz/win • Nach dem Abklingen der starken Schneefälle hat das einsetzende Tauwetter in Verbindung mit zeitweisem Regen für eine neue Situation im Kreis Olpe gesorgt: Während der Straßenverkehr zumindest auf den Hautpverkehrsachsen trotz notorischen Streusalzmangels vergleichsweise normal verläuft, haben sich gestern an zahlreichen Stellen Feuerwehr, Technisches Hilfswerk, Firmenbelegschaften und Privatleute daran gemacht, Flachdächer von Firmen, öffentlichen Gebäuden und Privatgebäuden von Schnee zu befreien. Die durch Tau- und Regenwasser enorm schwere Masse drückt auf die Deckenkonstruktionen und hat an vielen Stellen die errechnete Höchst-Dachlast erreicht oder überschritten.Die Polizei weist dringend darauf hin, dass vor dem Betreten potenziell gefährdeter Dächer unbedingt ein Fachmann, beispielsweise ein Baustatiker oder ein Dachdecker, klären muss, ob das Dach gefahrlos betreten werden kann oder ob andere Möglichkeiten genutzt werden müssen, um einen Einsturz zu verhindern, etwa durch Abstützen des Dachs.
Weiterhin weisen die Ordnungshüter darauf hin, dass die Eigentümer von Gebäuden verpflichtet sind, ihrer Sicherungspflicht nachzukommen, um die Gefährdung Unbeteiligter auszuschließen. Das können Absperrmaßnahmen bei drohenden Dachlawinen sein, aber auch das Abschlagen von Eiszapfen.
Am Mittwoch waren mehrere Personen gegen 17.15 Uhr in Helden damit beschäftigt, das Flachdach eines Reitstalls von der Schneelast zu befreien. Dabei brachen zwei 28-jährige Männer durch als Lichtbänder im Dach befindliche Plexiglasplatten und stürzten knapp fünf Meter tief auf den gepflasterten Hallenboden. Beide wurden bei dem Unfall verletzt, einer der beiden schwer. Sie wurden ins Attendorner Krankenhaus gebracht.
Gestern Vormittag kam es zu unmittelbar drohenden Dacheinstürzen. Gegen 7 Uhr rückten Polizei, Feuerwehr und THW zu einem Industriebetrieb im Industriegebiet In der Trift in Rüblinghausen aus. Hier hatte sich laut Polizei ein etwa 20 Quadratmeter großer Teilbereich eines Flachdachs kraterförmig abgesenkt und drohte einzustürzen. Alle im Gebäude befindlichen Personen verließen das Gebäude, niemand wurde verletzt. Die Halle wurde vorsorglich gesperrt, die Maßnahmen zur Verhinderungen eines weiteren Schadens dauern noch an.
Gegen 8.30 Uhr drohte das Dach des Werks II der Armaturenfabrik Schell im Industriegebiet Saßmicker Hammer einzustürzen. Die Feuerwehr war im Einsatz, um anhand von Proben die Dachlast zu messen. Die Bauaufsicht der Stadt war ebenfalls im Einsatz. Nachdem feststand, wie hoch die Schneelast tatsächlich war, wurde die Halle vorsorglich geräumt, die Produktion vorläufig eingestellt.
Das Technische Hilfswerk aus dem Geschäftsführerbereich Köln rückte aus, um die Kräfte in Olpe zu unterstützen. Auf Anforderung des Kreises Olpe wurden auch die Dächer des Hochbehälters und der Trinkwassergewinnungsanlage der Kreiswerke Olpe auf dem Erbscheidberg bei Sondern geräumt – zum ersten Mal in der Geschichte dieser Gebäude. Zudem wurde die Kreissporthalle in Olpe von Schneelast befreit. Der THW-Ortsverband Olpe übernahm hier die Einsatzleitung.
Über die THW-Geschäftsstelle Olpe wurde ein THW-Baufachberater vom Ortsverein Witten angefordert, um die Dächer auf ihre Tragfähigkeit zu begutachten und einen sicheren Einsatz zu gewährleisten. Wegen des großen Personalbedarfs und der Tatsache, dass die umliegenden Ortsverbände durch die Einsätze der vergangenen Tage an ihre Leistungsgrenzen gestoßen waren, forderte das THW Olpe Kräfte aus Köln-Ost, Bergisch Gladbach, Köln-Nordwest, Leverkusen, Bornheim, Siegburg und Brühl an. Insgesamt waren zwischenzeitlich rund 200 THW-Helfer im Kreis Olpe im Einsatz.
In Sachen Schulbetrieb tritt indessen eine Normalisierung ein. Kreisweit werden heute die meisten Schulen ihre Türen wieder öffnen. Einen Tag länger schulfrei haben die Schülerinnen und Schüler, die das LWL-Förderschulzentrum in Olpe besuchen. Darüber hinaus findet kein Unterricht an den Grundschulen innerhalb der Gemeinde Wenden sowie am KonradAdenauer-Schulzentrum in Wenden statt. Auch die Grundschüler von Brachthausen und Oberhundem können noch einen weiteren Tag zu Hause bleiben, ebenso die aus Rhode, weil hier Dachlawinen drohen. „Im Übrigen“, so eine Pressemitteilung des Kreises“, gilt selbstverständlich weiterhin, dass die Eltern entscheiden, ob der Schulweg für ihre Kinder zumutbar ist, zumal wenn es witterungsbedingt doch zu Problemen beim Schülerfahrverkehr kommen sollte.“
In der Gemeinde Wenden bleiben heute nicht nur die Schulen zu; auch die Musikschule, die Turnhallen und die Schwimmhalle bleiben bis einschließlich Sonntag, 7. Februar, gesperrt. „Zum einen verfügen fast alle Schulen, zumindest aber Teile aller Schulen über große Anteile von Flachdächern, die möglicherweise durch die hohe Schneelast Schaden nehmen könnten. Zum anderen erfolgt die Schließung auch wegen der mit der Witterungslage verbundenen Risiken auf den Schulgeländen (zum Beispiel durch abgehende Schneelawinen) und Schulwegen. So kann vielerorts die gefahrlose Schülerbeförderung nicht mehr sichergestellt werden“, teilt die Gemeindeverwaltung mit. Die Gemeinde unternehme alle Anstrengungen, um einen reibungslosen Unterricht ab Montag wieder zu gewährleisten.
In Olpe wird die Sperrung der meisten Turnhallen aufrechterhalten. Heute wird zudem das Dach der Stadthalle geräumt, um eine Überlastung zu verhindern. Gesperrt ist auch die Kirche im Mutterhaus der Olper Franziskanerinnen.