Ohne Plum – ohne uns
Von Hartmut Poggel olpe@sauerlandkurier.de
Wenden. Eine recht stürmische Woche liegt hinter rund 90 Wendener Hauptschülern. Kein Orkan, sondern die drohende Versetzung eines beliebten Lehrers brachte die jungen Leute mächtig in Harnisch.
Am Montag begannen die Schüler mit ihrem Streik, auf Transparenten forderten sie „Plum muss bleiben“.Schulrätin Ulla Barth hatte gegen Mittag dann an der Schule ein Gespräch mit Schulleiter Joachim Winkelmann und den Schülern geführt, in dem sie die angekündigte Versetzung noch einmal bekräftigt hatte. Am Dienstag dann setzten sie ihre Unterstützung für den Pädagogen mit einem Protestmarsch zum Wendener Rathaus, wo sie ebenfalls mit Transparenten („Ohne Plum – ohne uns“) vehement den Verbleib des Lehrers forderten und auch ein Gespräch mit Bürgermeister Peter Brüser führen konnten.Rund 70 der 90 Schüler setzten dann ihre Demonstration vor dem Kreishaus in Olpe fort. Zwei Schüler konnten mit der Schulrätin sprechen, auch in diesem Gespräch wurde noch einmal der Stand der Dinge, die Versetzung an eine Schule in Neunkirchen im Siegerland, von Ulla Barth eindeutig klar gestellt.
Dem Protest hatten sich inzwischen Eltern angeschlossen, die sich ebenso wie die Schüler darüber beklagten, dass eine ausführliche und nachvollziehbare Begründung für die Versetzung fehle, zumal in Wenden in den kommenden Jahren einige Pädagogen in den Ruhestand gehen.
„Das Vorgehen verdient Respekt“
Am Mittwoch lud dann die SPD Wenden Schüler- und Elternvertreter zu einem Gespräch ein. Vorsitzender Jochen Sauermann: „Dieses Gespräch hat ausdrücklich nichts mit dem „Kommunalwahlkampf zu tun, wir haben uns schon immer für eine personell und fachlich starke Hauptschule eingesetzt. Dies ist eine wichtige Aufgabe der Kommunalpolitik. Wir müssen als Kommune ein Interesse daran haben, eine gute Hauptschule mit guten Lehrern zu erhalten.“ Den Schülern zollt er ausdrückliches Lob: „Was wir hier sehen, ist lebendige Demokratie – im 60.
Jahr der Bundesrepublik. Das Vorgehen der Schüler verdient Respekt.“
Ergebnis des Gesprächs am Mittwochabend: „Wir wollen Eltern und Schüler mit der Schulleitung an einen Tisch bringen, um einen Informationsaustausch zu erreichen.“
Und genau dies bemängelte Schulrätin Ulla Barth im Gespräch mit dem SAUERLANDKURIER: „Es wird zuviel über-, und zu wenig miteinander gesprochen.“ Dadurch seien zu viele Teil- und Falschinformationen in Umlauf geraten.
Die Schulrätin: „Die Dienstaufsicht liegt bei der Bezirksregierung in Arnsberg. Ich bin in diesem Fall nur Ausführende. Und mein Kenntnisstand ist, dass Egbert Plum versetzt wird. Die Wendener Schule hat einen Lehrerüberhang. Was soll ich um umgekehrten Fall denn Eltern sagen, deren Schüler an Schulen mit Unterversorgung unterrichtet werden?“
Bei dem Gespräch zwischen SPD, Schülern und Eltern wurde die Möglichkeit einer zeitlich befristeten „Abordnung“ Plums an die Siegerländer Schule ins Spiel gebracht. Barth: „Vorbehaltlich der Zustimmung der Personalvertretung in Arnsberg bleibt es bei einer Versetzung.“
Zur Sache
Berechtigter Zorn und Bürokratie – sie prallen beim Schülerprotest in Wenden aufeinander. Keine Frage: Meine Sympathien liegen auf der Seite der Schüler, zumal ich als Vater eines 16-Jährigen die Sorgen aller sehr gut nachvollziehen kann.
Der an einer Lehrerperson festgemachte Protest wirft jedoch ein Schlaglicht auf die Bildungspolitik in Bund und Land. Da muss wie in einem Basar offenbar zwischen Schulen um 0,47 Lehrerstellen gefeilscht werden, ist die Zukunft junger Leute von mathematischen Berechnungen abhängig.
Landauf, landab wird in Fensterreden über die Bedeutung von Bildung und Ausbildung für den Wirtschafts- und Hochtechnologiestandort Deutschland schwadroniert. Kinder sind unsere Zukunft, zumindest sagen alle Politiker so. Aber wenn es ernst wird, ist (angeblich) kein Geld da, um den Lehrer- und Erzieherberuf für junge Menschen attraktiv zu machen. Aber ohne sie keine Bildung, keine Mechaniker, Mechatroniker, Krankenschwestern, Physiker, Ingenieure, Ärzte… usw.
Ulla Barth ist sicher die falsche Adressatin für Anwürfe, das sind unsere Bundes- und Landespolitiker. Ein Paradigmenwechsel in der Politik ist bitter nötig. Hartmut Poggel